Samstag, 2. August 2014

Endpunkt des Journalismus

Endpunkt des Journalismus

"Die Zeitungen haben zum Leben annähernd dasselbe Verhältnis, wie die Kartenaufschlägerinnen zur Metaphysik". Karl Kraus

Ich habe mich immer gefragt  was die Grenze zwischen  Journalismus  und  PR ist. Besonders im  Postmodernen  Zeitalter verschwinden diese  Grenzen noch deutlicher. Die monopolisierte Berichterstattung der  klassischen  Medien ist durch das Internet  gebrochen. Jeder  kann seinen  Bericht  nach seinem Geschmack veröffentlichen. Der letzte  Militärputsch in der Türkei ist genau deswegen  gescheitert. Die Generäle waren alte Briefträger  in einem Zeitalter  mit Facebook, Twitter und Youtube. Jedes geheime  Junta-Gespräch  landete am  nächsten  Tag auf Youtube. Für diese asymmetrische Art des Kriegsführens waren  die alten  Putschisten  nicht gewachsen. Andererseits zieht  diese Art  der Berichterstattung, wo jeder Beliebige zum Journalisten avanciert, das Niveau herunter. Jetzt kann  jeder Journalist werden, oder PR  unter der  Deckmantel Journalismus betreiben. Die österreichischen  Medien  leiden sehr darunter. Besonders die gratis Zeitungen, die in der  U-Bahn verteilt werden.
In diesem prekären Zeitalter leiden am meisten  die Medien. Die Aufgabe der Medien war  immer ambivalent zu sein. Die erste Zeitung  wurde  als Wirtschaftsblatt  in  Venezien publiziert. Der Preis war  ein Gazette und  so  bekam er seinen  Namen. Also  etwas  das man für eine Gazette kaufen  konnte. Diese Gazette dient  immer noch als Vorlage. Die erste Gazette  wurde  für die  Kaufleute gedacht. Die reichen Norditalienischen  Republiken  hatten  im mediterranen Raum sehr  gute  wirtschaftliche  Beziehungen. Jacob Fugger lernte alle seine  Finanzideen  von Venezianer. Als  vielbeschäftigte Kaufleute interessierten sich die Venezianer sehr für Informationen aus aller Welt. Die ersten  Berichte waren  eher  über die adelige High Society, jedoch in einer besseren Qualität als Dominik Heinzl. In diesem Zeitalter war diese Berichterstattung bei vielen regierenden  Dynastien und besonders bei den  Herrscherhäusern sehr  gefragt. Berichte über Wirtschaft aus  aller Welt; die Olivenernte aus Libanon  bis hin zum Baumwolle-Preis in  Birmingham. Sowas benötigte  eine besondere Art des Journalismus. Die Hersteller jedoch sahen sie nicht als  Journalisten an. Sie wurden als Geschäftsleute angesehen, die Geld  mit ihrer  Gazette verdienen. Hier sieht  man  einen  klassischen Klientelismus. Die Gazette  befriedigt  ihre  Konsumenten. Wie  das klingt würde jeder  ehrenhafte Journalist ablehnen.

Der Journalismus, den wir heroisieren, kommt erst viel  später. Erst muss die Französische  Revolution stattfinden und dann noch eine Vielzahl an Kriegen. Seit  dem Dreißigjährigen  Krieg bringt  jede  Armee sein eigenes Drucker  mit. Für  Propagandazwecke  wird  jede Schrift vor  Ort  hergestellt und als Flugblatter an die Menschheit verteilt. Aber das  sehen wir auch  nicht als  Journalismus. Das  ist pure  Propaganda,  Göbbels bekanntlich am  besten konnte. Die Wiener Zeitung ist die älteste  immer noch  existierende Zeitung der Welt. Die Zeitschrift ist immer noch teil staatlich und  agiert auch als Staatblatt  nach juristischen Sinn. Die  Gazette, die wir im eigentlichen Sinne kennen,  zu der sind wir noch immer nicht angelangt.  Es braucht  noch  hundert Jahre. Nach der  Revolution 1848 entstehen erste  Zeitungen, die wir heute im eigentlichen Sinne einer Zeitung verstehen. Die Presse ( Alte Presse ) wurde in so einer Atmosphäre  gegründet. Metternich war weg. Biedermeier  war vorbei, Adieu Spießbürgertum. Ein  freies  liberales Zeitalter  hatte  begonnen. Diesem Zeitalter ist es zu verdanken, dass es eine Explosion an Intellektuellen gab, die wir heute als den Wiener Kreis kennen. Wenn ich die Zeitungen   in Österreich lese, dann denke ich an Karl Kraus, wie er reagieren würde, wenn er diese  Journalisten  gesehen  hätte. Wahrscheinlich würde er lieber  Taxi fahren  und einen Blog betreiben.  Seine  Lebensaufgabe "Die Fackel" war für eine bestimmte Kategorie von Journalisten gedacht, die  in  unserem Zeitalter nicht zu finden sind. Schade dass so viele  junge  Journalisten gar nichts über ihn wissen. Wenn er  jetzt leben würde, würde sein letztes  Buch  "Der Untergang des Journalismus"  heißen.

Als U-Bahn-Benützer  bin ich auch gezwungen eine  Zeitung  zu lesen. Ich kann als  freier Bürger natürlich selbst entscheiden welche  Zeitung ich lesen möchte. Ich  lese nur, um zu wissen  wie der Geisteszustand der Heute Radaktion ist. Als  Informationsquelle sehe ich sie nicht.  Gott sei Dank  gibt es  sehr gute andere Quellen um  Information und Wissen zu erwerben.  Eine Zeitung, die  am Boden liegt und  hofft  irgendwann gelesen zu  werden, ist nicht mehr so  wichtig  wie  damals. Aber eben deswegen ändert sich die Qualität so sehr drastisch. In den letzten Tagen warf ich auch einen Blick, um den  letzten Zustand zu begutachten und dann sah  ich einen  Bericht über Gaza. "Israel unter schwerem Beschuss", dann sah  ich nach  der Unterschrift. Schließlich hat jedes Ressort    einen  Redakteur, der für die Berichterstattung zuständig ist. Zurzeit ist ein gewisser Erich Nuler zuständig. Ich habe einige seiner  Texte  gelesen und  schließlich auch seine letzten twitts verfolgt. Meine  Irritation beginnt ab diesen Moment. Ich erwarte mir keine journalistische  Leistung wie von Theodor Herzl oder Victor Adler, aber eine gewisse  internationale  Norm schon. Zum Beispiel: Für jeden Anfänger als Journalist empfehle ich Euro News, die immer noch eine bestimmte  Qualität hat. Erich Nuler jedoch  verwendet  seine eigenen Twitts als  Titel für sein Ressort. Deswegen habe ich  mich  noch einmal  gefragt: Was ist die Grenze zwischen Journalismus  und PR? Jeder Mensch hat natürlich eine  eigene Meinung. Jeder Mensch  ist auch natürlich von Geburt an  zoon politikon. Aber jeder Mensch ist  auch  in der Lage objektiv  zu sein. Zumindest muss jeder  Mensch  versuchen  objektiv  zu sein, auch wenn die Objektivität sehr  problematisch  ist. Ich  wage nicht einmal zu mutmaßen, dass Erich Nuler für eine  bestimmte  Organisation bezahlte  Texte schreibt. Ich gehe davon aus Erich Nuler  verhält sich nach  österreichischer  journalistischer Ethik.

Die U-Bahn Zeitung  mit seinem  Finanzierungsystem ist stark an sein Klientel angebunden. Das  heißt  entweder die Leser verlangen so eine Berichterstattung, weil ansonsten fänden sie  die  Zeitung  langweilig  oder die Redakteure  schreiben  ihre  eigenen  Twitts als Titel um Zeit zu sparen. Gott sei Dank lebt Karl Kraus nicht mehr! Wenn er Erich Nuler  gelesen  hätte, würde er sich im Grab  umdrehen. Ich weiß nicht wie hoch die Bezahlung für Redakteure ist. Ich habe  mich  vor einem  Jahr  bei der Bezirkszeitung  beworben. Als  Magister  boten sie   mir 20  Cent  pro Zeile. Um  das  zu  hören musste ich sogar ein Vorstellungsgespräch  in Anspruch nehmen. Wenn  ich fleißig  schreibe, würde ich mit  viel Mühe einen Monatslohn von 1500 verdienen.  Dafür müsste ich aber  für alte  Omas spannende Berichte schreiben. Und das für eine  Zeitung, die ich nicht mal eine Sekunde dulden kann. Wenn die Bezahlung  nicht besser als dieses  Angebot ist, dann verstehe ich warum die Berichterstattung diese Qualität hat. Aber wenn die Bezahlung besser ist,  und sie trotzdem so eine  Berichterstattung publizieren, dann müssen sie  noch einmal überlegen, ob ihr Geld seinen Zweck auch erfüllt.


Ich bedauere, dass wir weiterhin diese Art von Journalismus dulden  müssen. Aber es gibt  immer  Hoffnung auch  für die Heute Zeitung. 



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